Kommentar
10:04 Uhr, 19.03.2025

Die Wall Street ändert ihre Meinung

Mit der Wall Street ist nicht die Börse gemeint, sondern die Investmentbanken. Diese ändern gerade ihre Meinung in Bezug auf den Aktienmarkt. Sollten es Anleger ebenfalls tun?

Es ist nicht ungewöhnlich, dass Investmentbanken und Research Firmen ihre Einschätzung ändern. Im Normalfall tun sie es allerdings nicht im März eines Jahres, sondern frühestens im zweiten Quartal. Eine so schnelle Neubeurteilung der Lage lässt daher aufhorchen.deutsche-bauaktien-sind-heute-gefragt-Chartanalyse-Sascha-Gebhard-stock3.com-1

Betrachtet man die Konsensprognose für den S&P 500 für den Jahresendstand 2025 und vergleicht sie mit dem Kursverlauf, ist erkennbar, weshalb eine Meinungsänderung beginnt. Die Kurse laufen in eine ganz andere Richtung. Anstatt das Jahresziel 2025 anzusteuern, fallen sie Richtung Kursziel 2024 (Grafik 1).

Bisher hat nur eine Investmentbank ihr Kursziel offiziell angepasst. Goldman Sachs senkte es von 6.500 Punkte auf 6.200 Punkte. Interessanter ist die Anpassung von Yardeni Research. Yardeni war in den vergangenen Jahren eine Art Permabulle und rief die Goldenen 20er-Jahre aus.

Alle anderen Investmentbanken bleiben bisher bei ihren Kurszielen, beginnen sich aber abzusichern. J.P. Morgan sichert sich ab, indem sie zwar an ihrem Kursziel festhalten, jedoch betonen, wie groß die Bandbreite an möglichen Szenarien ist. J.P. Morgan passt Ziele nicht gerne an und vertröstet Anleger anderweitig. In diesem Fall ist es die Aussicht, dass das Kursziel für 2025 erst 2026 erreicht werden könnte (Grafik 2).

Citigroup ist eine weitere Investmentbank, die sich vorsichtiger äußert. Sie hat ihre Einstellungsänderung signalisiert, indem US-Aktien ein neues Rating erhalten haben. Es fiel von "Overweight" auf "Neutral". RBC Capital wiederum philosophiert über ein Bärenszenario, in dem der S&P 500 bei 5.775 Punkten anstatt bei 6.600 Punkten schließt.

Grundsätzlich sollten man Kurszielen, egal, wann sie gemacht werden, wenig Bedeutung beimessen. Wichtiger als das Kursziel ist das Verhalten von Investmentbanken, wann sie ihre Einschätzung ändern und wie schnell dies vonstattengeht.

Im Normalfall folgen Kursziele den Kursen mit drei Monaten Verzögerung. Kursziele blicken nicht in die Zukunft, sondern bilden vielmehr die Vergangenheit ab. Das zeigen Kursziele für einzelne Aktien oder den Gesamtmarkt. Bemerkenswert ist daher nicht die neue Punktzahl, die Investmentbanken angeben, sondern dass sie sehr früh damit beginnen, sich abzusichern.

Das lässt auf eine grundlegende Neubeurteilung schließen. Gingen nach den Wahlen im November alle von wirtschaftsfreundlicher Politik aus, die hohe Kursziele rechtfertigt, wird nun ein anderes Szenario relevanter. Die Politik löst keinen Boom aus, sie bedingt vielmehr ein stagflationäres Umfeld.

Hoffen wir, dass es dabei bleibt und in zwei Monaten nicht ein weiteres, neues Szenario auftaucht: Bust statt Boom. Persönlich halte ich ein leicht stagflationäres Umfeld für wahrscheinlich. Man muss aber flexibel bleiben und auf die raschen Veränderungen reagieren. Eines ist jedenfalls schon jetzt sicher. Die zum Jahresende 2024 veröffentlichten Jahresprognosen sind hinfällig. Der Konsenspreis wird praktisch nie erreicht. Entweder wird er deutlich übertroffen oder unterschritten. Aktuell sieht es nach dem zweiten Szenario aus.

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2 Kommentare

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  • Riccardo90
    Riccardo90

    Na da machen ich auch ein Kursziel mit Korridor:

    S&P 500 von 0 bis 20.000 Punkte bis Ende 25.

    Was die können, das kann jeder.

    10:44 Uhr, 19.03.
  • masi123
    masi123

    Egal ob Kursziele nun die Vergangenheit abbilden oder eine Prognose für die Zukunft sind, sie erzeugen eine bestimmtes Meinungsbild der Anleger. Häufig kommt es in Folge zu einer self-fulfilling prophecy. Die Prognosen geben also eine Richtung vor und die großen Investmentbanken haben daneben auch noch direkte Einflussmöglichkeiten (z. B. Eigenhandel). Derart übereinstimmenden "Prognosen" würde ich also schon Beachtung schenken.

    10:42 Uhr, 19.03.