Kommentar
17:40 Uhr, 24.02.2021

Hohe Inflation, weiterhin niedrige Zinsen? Der Markt glaubt der Notenbank Fed nicht

Die Fed will höhere Inflation zulassen und nicht mit Zinserhöhungen reagieren. Das Problem: Der Markt glaubt es ihr nicht.

Auf den ersten Blick kann es Anlegern egal sein, ob Marktteilnehmer der Zinsprognose der Notenbanker glauben. In den nächsten Quartalen wird es keine Änderung der Zinspolitik geben. Zumindest das steht fest. Und was interessiert schon ein Zinsanstieg in zwei oder drei Jahren? Ob der Markt an die Aussagen der Notenbank glaubt, was in ferner Zukunft geschieht, wirkt wie eine akademische Überlegung.

Bei dem Glaubwürdigkeitsproblem handelt es sich aber um sehr viel mehr als eine akademische Überlegung. Das Zinsniveau ist für Aktien von großer Bedeutung. Steigende Zinsen machen Geld nicht nur teurer. Es ist auch fast undenkbar, dass die Zinsen steigen und die Notenbank den Markt gleichzeitig weiter durch QE (Quantitative Easing) flutet.

Als die Notenbank das letzte Mal einen Zinserhöhungszyklus startete, beendete sie zuerst die Wertpapierkäufe. Danach kamen höhere Zinsen. Allein die Vorstellung, dass QE beendet wird und die Zinsen steigen könnten, versetzte Marktteilnehmer in Panik.

Je früher die Geldschwemme endet, desto eher wird es für den Aktienmarkt ungemütlich. Genau das will die Fed nicht. Nur glaubt es ihr eben niemand. Jedes Quartal veröffentlicht die Notenbank ihre Prognose zur Inflation, Wirtschaftswachstum, Arbeitslosigkeit und auch dem Zinspfad.

Bei der Zinsprognose ist klar ersichtlich, dass 2021 nichts geschehen wird. 2022 geht lediglich einer von 17 Notenbankern davon aus, dass der Leitzins von 0,125 % auf 0,375 % angehoben werden könnte. In der Praxis würde demnach auch 2022 der Zins nicht angetastet werden. Die Mehrheit sieht auch 2023 noch einen Zins von 0,125 %. Es gibt aber 5 Notenbanker, die höhere Zinsen für möglich halten.

Im Durchschnitt ergibt sich bis Ende 2023 ein sehr minimaler Zinsanstieg (siehe Grafik). Ende 2023 könnte der Leitzins eventuell angehoben werden. Im Vergleich dazu sieht der Markt das anders. Auf Basis des Eurodollar Futures (dieser zeigt den Zins für Dollareinlagen bei Banken außerhalb der USA) wird etwas ganz anderes erwartet.


Im Gegensatz zur Fed-Prognose ist demnach nicht maximal ein Zinsschritt in 2023 zu erwarten, sondern mindestens zwei. Danach steigen die Zinsen schnell an. Jedes Jahr werden zwei Zinsschritte erwartet. Damit erwarten Marktteilnehmer, dass die Fed eben nicht stillhält und tatenlos zusieht, wie die Inflation steigt.

Noch ist auch die marktbasierte Erwartung zu weit in der Zukunft, um den Aktienmarkt zu beunruhigen. Der Zeitpunkt rückt aber unerbittlich näher. Bisher ist es der Fed nicht gelungen, Marktteilnehmer zu überzeugen. Das ist ein großes Problem, weil die Notenbank aktiv nichts tun kann, um das zu ändern.

Geht es um zusätzliche Lockerungen der Geldpolitik, ist die Sache einfach. Die Notenbank kann etwas tun, z.B. QE ausweiten. Geht es jedoch um die Versicherung, dass nichts geschieht, ist das ein passiver Vorgang. Sie verändert ja ihre Geldpolitik nicht. Sie kann also nicht durch Taten überzeugen. Dieses Glaubwürdigkeitsproblem wird für Anleger ein Thema werden. Die gute Neuigkeit ist, dass es vor dem Sommer nicht soweit sein wird.

Clemens Schmale


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