Kommentar
05:53 Uhr, 13.01.2017

QE und Nullzins: Macht die EZB einen Riesenfehler?

Die EZB warnt, obwohl sich die Anzeichen dafür mehren, dass die Eurozone die Stagnation endlich hinter sich lassen kann. Die Notenbank bleibt vorsichtig und warnt vor verfrühter Freude.

Da gibt es einmal gute Nachrichten und schon hebt jemand den Zeigefinger, um zu warnen. Die Eurozone und die EU sind nicht gut darin, die wenigen Erfolge, die sie haben, zu feiern. Da könnte man sich aus den USA sogar ausnahmsweise einmal etwas abschauen, im Sinne von „großartigstes Land der Welt“ usw.

Die EZB platzt mitten in die guten Nachrichten. Dabei gab es zuletzt viele aufmunternde Signale. Die Inflation zieht an, wenn auch zugegebenermaßen vor allem wegen steigender Rohstoffpreise. Aber immerhin, die Kuh ist erst einmal vom Eis. Die Deflation ist abgewendet.

Nicht nur die Inflation läuft nun in die richtige Richtung, sondern auch das Verbraucher- und Unternehmervertrauen. Das Verbrauchervertrauen schiebt sich gerade Richtung der höchsten Werte seit 2007. So viel Zuversicht hatten die Menschen in der Eurozone schon lange nicht mehr.

Das positive Sentiment ist stark von Ländern wie Deutschland geprägt. Hier liegt es nahe der Rekordwerte, aber auch in Ländern wie Italien deutet sich nach einem mehrmonatigen Abwärtstrend eine Stabilisierung an. Die Unternehmen haben diese Stabilisierung schon vorweggenommen. Deren Einschätzung hellt sich bereits seit drei Monaten wieder auf.

Der Einkaufsmanagerindex der Eurozone (Grafik 1) stieg zuletzt auf den höchsten Stand seit Frühsommer 2011. Das wirklich Positive daran: Einkaufsmanager sind gut darin Wachstum und Inflation vorherzusagen. Der Einkaufsmanagerindex läuft parallel zum Wachstum. Der Anstieg des Einkaufsmanagerindex gegen Ende 2016 deutet auf ein starkes Schlussquartal hin.

Der Inflation läuft der Einkaufsmanagerindex sechs bis neun Monate voraus. Die Inflation sollte also auch weiter moderat steigen, selbst wenn der Effekt steigender Rohstoffpreise wieder abebbt. Genau das will die EZB derzeit nicht wahrhaben und warnt vor zu viel Optimismus.
Die EZB manövriert sich dadurch möglicherweise in eine Sackgasse. Direktoriumsmitglied Yves Mersch sagte erst vergangene Woche, dass die EZB ihren geldpolitischen Entscheid gefällt hat und daran festhält, bis sich ihre Vorhersagen als falsch herausstellen.

Bis Beweise auf dem Tisch liegen, dass die Vorhersagen daneben lagen, ist es wahrscheinlich schon zu spät. Das könnte erst im Sommer/Herbst der Fall sein. Das QE-Programm läuft dann immer noch auf Hochtouren und dürfte für die Wirtschaft zu locker sein. Von den kurzfristigen Zinsen muss man gar nicht erst sprechen. Die EZB wird die kurzfristigen Zinsen kaum anheben, wenn das Anleihekaufprogramm noch läuft.

Geldpolitisch steht ein wohl sehr schwieriges Jahr bevor. Gerade erst hat sich die EZB auf eine Verlängerung von QE bis Ende 2017 eingelassen. Nun gibt es ziemlich klare Andeutungen, wohin es mit der Wirtschaft der Eurozone geht. Die EZB hinkt dem Trend schon bald hinterher, wenn alles gut geht.

Natürlich kann keiner mit Sicherheit sagen, ob der gordische Knoten endlich geplatzt ist. Vieles deutet jedoch darauf hin. So wagen sich auch Unternehmen wieder so langsam aus der Deckung. Grafik 2 zeigt,wie viel Unternehmen investieren und an Gewinn schreiben. Beide Zeitreihen laufen parallel und werden mehrere Monate vom Einkaufsmanagerindex vorhergesagt.


Auch die Inflation passt hier gut ins Bild. Diese sollte sich leicht positiv auf die Gewinnentwicklung der Unternehmen auswirken. Das ist auch dringend notwendig. Seit 2009 stagnieren die Margen und Gewinne. Auch hier kann der gordische Knoten platzen, sodass mehr Gewinnen auch mehr Investitionen folgen. Es kommt zu einem positiven Rückkopplungseffekt, der sich auch in den Aktienkursen widerspiegeln dürfte.

Clemens Schmale

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