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Kommentar
17:30 Uhr, 10.04.2025

Zoll-Schock: Horrortage für die Aktienmärkte. Ist ein Ende des Schreckens absehbar?

Trumps „Liberation Day“ endet in einem Albtraum für Investoren. Für die Wirtschaft und die Aktienmärkte sieht es weiterhin nicht gut aus. Es sei denn, die Vernunft siegt. In welchem Sektor könnten sich jetzt Chancen auftun.

Selten in der Geschichte hat ein US-Präsident als unmittelbare Folge einer politischen Entscheidung ein derartiges Börsenbeben ausgelöst wie Donald Trump mit seiner als „Liberation Day“ bezeichneten Zollattacke. Allein an den beiden Handelstagen nach der Ankündigung der „reziproken" Zölle verlor der S&P 500 Index rund fünf Billionen US-Dollar an Wert. Geht man davon aus, dass rund 60 Prozent der S&P 500-Aktien von US-Amerikanern gehalten werden, hat jeder der rund 258 Millionen US-Bürger über 18 Jahren im statischen Durchschnitt rund 11.600 US-Dollar in nur 48 Stunden verloren. Ein Superlativ, auf den Trump als vermeintlicher Liebling der Wall Street eigentlich nicht stolz sein kann.

Was ist passiert?

Am vergangenen Mittwoch präsentierte ein gut gelaunter Trump im Rosengarten des Weißen Hauses der gespannten Öffentlichkeit seine Zollpläne. Was folgte, schickte Schockwellen um die ganze Welt. Konkret kündigte der Republikaner an, alle Importe in die USA mit einem Basiszoll von zehn Prozent zu belegen. Darüber hinaus sollen für zahlreiche Handelspartner zusätzliche Zölle eingeführt werden. Für die Länder der Europäischen Union zum Beispiel 20 Prozent, für Japan 24 Prozent und für China sogar 54 Prozent. Das Entsetzen ist deshalb so groß, weil die Importzölle weitaus höher ausfallen, als Marktbeobachter ohnehin befürchtet hatten. Ökonomen haben errechnet, dass das neue Handelsregime den durchschnittlichen US-Importzollsatz von bisher knapp drei Prozent auf 25 Prozent in die Höhe treibt. Das ist ein Niveau, das man seit über 100 Jahren nicht mehr gesehen hat.

Trumps Zollagenda dürfte auch der US-Wirtschaft schaden

Der Zollhammer dürfte, sofern Trump nicht zurückrudert und betroffene Handelspartner wie China Gegenmaßnahmen ergreifen, langfristig schmerzhafte Folgen für das globale Wachstum haben. Besonders betroffen sind Volkswirtschaften mit einem hohen Exportanteil in die USA wie Deutschland, Südkorea oder Japan. Aber auch für die USA könnte der wirtschaftliche Schaden weitaus größer sein als der Nutzen. Analystenschätzungen gehen davon aus, dass das US-Bruttoinlandsprodukt infolge eines Handelskrieges um 50 bis 100 Basispunkte niedriger ausfallen könnte als ohne Zollstreit. Für die US-Inflation wird ein Anstieg um 100 bis 150 Basispunkte prognostiziert. Damit droht der größten Volkswirtschaft der Welt das, was eigentlich jede Regierung vermeiden will: ein Stagflationsszenario. Selbst eine Rezession ist in gefährliche Nähe gerückt.

Finanzmärkte im Risk-off-Modus

Der von Trump ausgerufene „Liberation Day“ hat die Finanzmärkte blitzartig in den Risk-off-Modus geschaltet. Das heißt, als sicher geltende Anlageklassen wie Gold oder US-Staatsanleihen erlebten und erleben einen Run, risikoreichere Anlageklassen wie Aktien einen Ausverkauf. Das jüngste Rekordhoch bei Gold einerseits und die massiven weltweiten Verluste bei Aktien andererseits sprechen Bände. Die spannende Frage lautet: Wie geht es an den Börsen weiter? Werfen wir zunächst einen Blick auf den DAX.

Klar ist, dass Trumps aggressive Handelspolitik ein erheblicher Risikofaktor für die Gewinnaussichten der DAX-Unternehmen ist. Das gilt vor allem für die Autobauer, die nun mit einem Zoll von 25 Prozent auf alle außerhalb der USA produzierten Fahrzeuge zurechtkommen müssen. Bleibt Trump auf einem harten Kurs, dürften die Gewinnschätzungen für die DAX-Unternehmen in den kommenden Wochen weiter nach unten korrigiert werden. Bereits im ersten Quartal reduzierten die Analysten ihre Prognosen für das erwartete Gewinnwachstum der DAX-Konzerne von 10,7 auf 7,6 Prozent.

Der Wall Street könnten magere Zeiten bevorstehen

Trumps Zollattacke trifft die US-Wirtschaft und die Wall Street zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt. Denn schon vor dem „Liberation Day“ haben die Analysten ihre Prognosen für das Gewinnwachstum der US-Unternehmen und die Kursziele für die US-Aktienindizes nach unten korrigiert. Gingen sie zu Jahresbeginn noch von einem Gewinnwachstum der S&P 500-Unternehmen von 14,1 Prozent aus, lag die Prognose am Ende des ersten Quartals nur noch bei einem Plus von 11,4 Prozent. Dieser Trend dürfte sich aus heutiger Sicht fortsetzen, zumal von der in Kürze beginnenden US-Berichtssaison für das erste Quartal kaum positive Impulse zu erwarten sind. Darauf deuten die Ausblicke der Unternehmen hin. Nach Angaben des Finanzdatenanbieters FactSet haben von den 107 S&P 500-Unternehmen, die einen EPS-Ausblick (Earnings per Share, Gewinn je Aktie) für das erste Quartal kommuniziert haben, 68 Konzerne einen negativen EPS-Ausblick abgegeben und nur 39 eine positive Guidance. Damit liegt die Zahl der negativen Aussagen laut FactSet deutlich über dem Durchschnitt der letzten fünf Jahre. Auf der anderen Seite sind durch die massiven Kursverluste auch die Bewertungen zurückgekommen. Der S&P 500 notiert aktuell nur noch mit einem KGV (auf Basis der für 2025 erwarteten Gewinne) von 19,0 (Schlusskurse vom Freitag, 4. April 2024). Zum Vergleich: Zu Jahresbeginn war der S&P 500 mit einem KGV von 21,8 noch deutlich teurer. Trotzdem ist es vorstellbar, dass der S&P 500 noch weiter nachgibt. Die nächste wichtige Unterstützung liegt bei 4.600 Punkten.

Gibt es auch Gewinner?

Auch wenn das Gesamtbild eher düster ist, gibt es in den USA einige Aktiensegmente, die sich überdurchschnittlich entwickeln könnten. Ein besonderes Augenmerk sollten Anleger auf Titel aus dem Gesundheitssektor (Health Care) richten. Zum einen, weil diese Branche vergleichsweise konjunkturresistent ist und in den vergangenen Wochen deutlich besser abgeschnitten hat als andere Sektoren wie z.B. Technologie. Zum anderen deuten die Gewinnschätzungen darauf hin, dass die Healthcare-Unternehmen im ersten Quartal das stärkste Gewinnwachstum aller S&P 500-Sektoren verzeichnen könnten. Gelegentlich werden auch US-Small Caps als Gewinner von Trumps Handelspolitik genannt. Die Argumentation: Importzölle machen das eigene Angebot vieler kleiner US-Unternehmen, die meist auf den Heimatmarkt fokussiert sind, wettbewerbsfähiger. Doch das dürfte ein Trugschluss sein: Mit einem Minus von 17,3 Prozent seit Jahresbeginn hat der US-Small-Cap-Index Russell 2000 noch stärker verloren als die Large- und Mid-Caps des S&P 500, die im gleichen Zeitraum „nur“ 13,5 Prozent einbüßten (Stand: 06. April 2025).

Fazit: Der Ball liegt bei Trump

Den Aktienmärkten drohen weiterhin ungemütliche Zeiten. Zu groß ist die Verunsicherung durch Trumps Zollpolitik. Letztlich hat es der US-Präsident selbst in der Hand, die Märkte zu beruhigen. In seiner ersten Amtszeit (2017 bis 2020) wäre Trump angesichts der schweren Kursverluste vermutlich sehr schnell zurückgerudert. Diesmal ist damit nicht zu rechnen. Immerhin: Trump hat die Tür für Verhandlungen offen gelassen. Vielleicht will er sich als großer „Dealmaker“ feiern lassen. Zudem haben mehrere Vertreter aus dem Trump-Lager deutlich gemacht, dass sie diese Zollpolitik nicht befürworten. Selbst Elon Musk hat ihm Gespräche mit der EU nahegelegt. Seine Vorstellung: ein Handelsregime mit Nullzöllen auf beiden Seiten.

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