DBRI: Rüstungsgüter in Autofabriken herstellen
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Von Hans Bentzien
DOW JONES--Analysten des Deutsche Bank Research Institute (DBRI) schlagen vor, ungenutzte Kapazitäten der deutschen Autoindustrie für die Produktion von Rüstungsgütern einzusetzen. "Deutschland hat zwei dringende Probleme: Einen zu kleinen Verteidigungssektor und zu viele unterausgelastete Autofabriken. Es hat nun die historische Chance, zwei Fliegen mit einer Klappe zu erschlagen, indem es Teile seiner Autobaukompetenz in den Dienst der Produktion von Rüstungsgütern stellt", heißt es in einem Aufsatz des Instituts.
Folgende Rechnung machen die Analysten mit Blick auf den Investitionsbedarf auf:
1. Es müssen kurzfristige und pünktliche Waffen- und Munitionslieferungen an die Ukraine garantiert werden.
2. Die deutschen Waffenbestände müssen aufgefüllt werden. Zwischen 2004 und 2021 sind die Panzerbestände um 86 Prozent gesunken, die Bestände an Infanteriefahrzeugen um 68 Prozent, die an Haubitzen um 88 Prozent und die an Kampfflugzeugen um 47 Prozent. Den Ausrüstungsgrad von 2004 wieder zu erreichen, würde bei aktuellen Produktionskapazitäten zehn bis 15 Jahre dauern. Folgerung des DBRI: "Eine Umnutzung einiger Autofabriken ist entscheidend für eine höhere industrielle Präsenz im Verteidigungsbereich."
Nach Einschätzung des Deutsche Bank Research Institute müssen Europa und Deutschland die gleichen Ausgaben priorisieren:
a) Flug- und Raketenabwehrsysteme. Dabei handelt es sich um mehrschichtige Systeme, die diverse Untersysteme erfordern. Rheinmetall stellt Waffen mit kurzer Reichweite her. Für die Verteidigung auf mittlere Reichweite bietet Hensoldt ein Radarsystem für IRIS-T an
b) Bei Artilleriesystemen sind Rheinmetall und KNDS die führenden deutschen Anbieter und Hensoldt sowie Renk Zulieferer
c) Bei Munition und Raketen ist Rheinmetall der Schlüsselanbieter
d) Dronen- und Anti-Dronen-Systeme
e) Bei KI, Quanten-, Cyber- und elektronischer Kriegsführung hätte Hensoldt Wachstumspotenzial
Nach Aussage der Analysten gibt es auch in der Rüstungsindustrie ungenutzte Kapazitäten. So sei die Produktionslinie des A400M auf 20 Flugzeuge monatlich ausgelegt, produziere aber nur acht. Vom Eurofighter könnten jährlich 40 pro Jahr hergestellt werden, tatsächlich produziert würden aber nur 14 bis 15. Zusätzliche Kapazitäten werden demnach aber beim Bau von Panzern und Helikoptern benötigt. Demnach will KNDS seine Panzerproduktion von 60 auf 240 pro Jahr erhöhen.
"Es dauert üblicherweise zwei bis drei Jahre, die Produktion auf diesen Plattformen hochzufahren, und das bedeutet, dass die Umnutzung einer Autofabrik so schnell wie möglich begonnen werden müsste", schreiben die Analysten des DBRI. Die Herausforderung werde umso größer, wenn maßgeschneiderte Werkzeuge und Maschinen benötigt würden, denn diese müssten frühzeitig bestellt werden.
Solche Projekte zur Serienfertigung würden laut DBRI-Analyse von der Erfahrung des Personals in der Autoindustrie und deren industriellem Organisationsgrad profitieren. Gleiches gelte für die Kultur der "Just-in-time"-Lieferung sowie die Disziplin bei der Beschaffung von Schlüsselkomponenten und Grundstoffen.
Kompliziert wird die Idee der Umnutzung von Autoproduktionskapazitäten der Analyse zufolge dadurch, dass zwar die Autoindustrie so schnell wie möglich Kapazitäten und Personal abbauen muss, um im aktuellen Umfeld ihre Gewinne zu sichern, die Rüstungskonzerne aber nicht sofort zusätzliches Personal benötigen. Zudem zeigt sich bereits jetzt, dass das Personal von Autofabriken nicht umziehen möchte, um künftig in der Rüstung zu arbeiten. Derartige Projekte müssten sich auch also auf Regionen konzentrieren, in denen beide Industriezweige vertreten sind. Genannt werden hier Kassel, Stuttgart, München, Bremen, Düsseldorf, Wolfsburg, Hannover und Ingolstadt.
Die neue Bundesregierung sollte solche Projekte nach Aussage des DBRI unterstützen, indem sie den Arbeitsmarkt flexibilisiert.
Kontakt zum Autor: hans.bentzien@dowjones.com
DJG/hab/sha
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